UPZENT Upcycling-Zentrum: Ein partizipatives Geschäftsmodell zur Sensibilisierung und Implementierung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft

Das Forschungsvorhaben UPZENT  – “Upcycling Zentrum” – Ein partizipatives Geschäftsmodell zur Sensibilisierung und Implementierung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft wurde im Rahmen des Förderprogramms „ReziProK – Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe“  vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. ReziProK unterstützt die Erforschung und Entwicklung von Innovationen für eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft. Die Projektlaufzeit betrug 36 Monate.

Upcycling impliziert kreislauforientierte und intelligente Produktdesigns, Rohstoffwahl sowie Produktions- und Wiederverwendungsverfahren. Dies erforderte wiederum eine transsektorale Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure entlang des gesamten Produktlebenszyklus, ausgehend vom Produktdesigner, dem Hersteller bis hin zum Nutzer und Verwertungsunternehmen. Das bereits entwickelte und erprobte Konzept „Upcycling-Zentrum“ basiert auf einer nachhaltigen Sensibilisierungs- und Bildungsstrategie dieser Akteure und unterstützt deren Vernetzung.

Abbildung 1 UPZENT greift aktiv in das vorherrschende Wirtschaftssystem ein: aus gewerblichen Reststoffen werden neue Designprodukte in sozialen Werkstätten hergestellt, um einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft zu gewährleisten.

Im Sinne der Kreislaufwirtschaft war das Ziel des Upcycling-Zentrums, eine nachhaltige Kaskade durch die Umwandlung und Aufwertung gewerblicher Reststoffe auf regionaler Ebene zu etablieren, was im steten Dialog mit Unternehmen, Verwertenden und Verbrauchenden stattfand. Durch die Verwendung gewerblicher Reststoffe sollten Stoffkreisläufe geschlossen und eine Kreislaufwirtschaft etabliert werden, die auf Solidarität und Gleichberechtigung beruht.

Die Fertigung der UPZENT-Produktpalette wurde ausschließlich von sozial agierenden Werkstätten durchgeführt, welche den Menschen in den Fokus nehmen. Dort wird auf unterschiedliche Bedürfnisse aktiv eingegangen und sowohl qualifiziert als auch integriert, sodass sozial Benachteiligten der Zugang zum ersten Arbeitsmarkt erleichtert wird.

Abbildung 2 Durch die Teilhabe der sozial agierenden Werkstätten schafft das Forschungsprojekt die Kombination aus Ökologie, sozialem Engagement und Ökonomie - eine runde Sache.

Die Professionalisierung der kreativen gestalterischen Arbeit bekommt im Hinblick auf die Vermarktbarkeit der erzeugten Produkte einen besonderen Stellenwert. Es gilt, sich von konventionellen Produkten abzuheben und den Mehrwert eines Upcycling-Produkts über die Reststoff-Materialauswahl, Design und Verarbeitungsschritte zu kommunizieren. Weiterhin spielen die Restriktionen im Fertigungsprozess, die Komplexität der Produkte und die jeweilige Fehlertoleranz eine wichtige Rolle. Der Designprozess stellt einen wesentlichen Aspekt der Produktentwicklung dar und orientiert sich immer an den individuell verfügbaren Reststoffen.

Abbildung 3 In Stoffstromanalysen werden verfügbare Reststoffe aus der Region identifiziert. Die Produktion erfolgt in sozialen Werkstätten. Mit der Unterstützung von Hilfswerkzeugen und Anleitungen entstehen professionelle Designprodukte.

Im Zuge der Nachhaltigkeitsbewertung wurden drei Kategorien definiert. Zunächst eine qualitative Betrachtung anhand ausgewählter UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs – Sustainable Development Goals) zur Identifizierung der Effekte von UPZENT auf eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft. Zweitens wurde eine qualitative und quantitative Zusammenfassung der sozialen, ökonomischen und ökologischen UPZENT-Aktivitäten durch Leistungskennzahlen erarbeitet. Zuletzt wurden fünf „Leuchtturm-Produkte[1]“ im Detail untersucht. Es sollte eruiert werden, ob und wie viel Treibhausgasemissionen durch ein Upcycling der Reststoffe – im Vergleich zu einer thermischen Verwertung – eingespart werden.

[1] Sitzbank GÜNTHER, Hocker VOLKER, Steckstuhl HARALD, Kite-Tasche THIN NGOC sowie Mäppchen ILONA

Abbildung 4: Die drei Säulen der Nachhaltigkeit mit ausgewählten Aspekten zur Kennzahlenbildung von UPZENT sowie die im Rahmen des Projektes umgesetzten SDGs.

In der Projektlaufzeit wurden verschiedene Bildungs- und Sensibilisierungskonzepte zu den Themen Nachhaltiger Konsum, Ecodesign und Kreislaufwirtschaft entwickelt. Hierzu zählen Workshops mit Design-Studierenden und eine Kooperation mit der “Regionalen Netzstelle Nachhaltigkeitsstrategien West“ – kurz RENN.west. In der Workshopreihe wurden die SDG-Hocker „VOLKER“ von Schülern und Studierenden zusammengebaut, dabei sollten diesen die Nachhaltigkeitsziele der UN nähergebracht werden. Sowohl die bei UPZENT verfolgten Ansätze zur sozialen Inklusion als auch die Verwendung von Reststoffen als Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz stießen bei dem Teilnehmenden auf großes Interesse.

Abbildung 5: SDG-Hockerworkshop mit Studierenden des Umwelt-Campus. Mithilfe von Schablonen und Hilfswerkzeugen werden die Hocker aufgebaut und mit den Nachhaltigkeitszielen der UN gestaltet.

Herausforderungen während der Projektlaufzeit

Das Auseinandersetzen mit den jeweilig verfügbaren Reststoffen erfordert von den beteiligten Parteien inhärent das lineare Wirtschaftsmodell – Herstellen, Nutzen, Beseitigen – in Frage zu stellen und einen Vergleich mit einer der Kreislaufwirtschaft entsprechenden Denkweise anzustreben. Durch das Projekt fand eine spannende Querschnittsdiskussion zwischen den Gestaltern, Produzenten, Nutzern und Entsorgern von Produkten statt. Die Konfrontation der Produktdesigner mit der Verwertungs- und Entsorgungsthematik im Sinne der Kreislaufwirtschaft wird hier praxisbezogen, auf regionaler Ebene und mit den verantwortlichen Unternehmen durchgeführt. Es war nicht länger eine ausschließlich wissenschaftlich und möglicherweise auf strategischer Ebene von Konzernen geführte Diskussion. Das Projekt erreichte eine Diskussion der „Arbeitsebene“ und stoß zugleich einen Umdenkprozess auf einer unkonventionellen Ebene an. Die Transformation zu einer „Circular Economy“ ist ein bedeutender Einschnitt in unser Wirtschaftssystem; von der konventionellen „Wegwerfgesellschaft“ hin zur dauerhaften, kontinuierlichen Nutzung verfügbarer Ressourcen.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Im Projektverlauf haben die Verbundpartner das Produktdesign, den Herstellungsprozess und die Produktqualität sowie -sicherheit stetig weiterentwickelt. Verschiedene Arbeitstreffen und Produktkonferenzen zur Weiterentwicklung des Produktkatalogs sowie Standardisierung der Prozesse, wurden hierbei durchgeführt.

In Zusammenarbeit mit den Partnern wurden verschiedene Reststoffe organisiert und zu neuen Upcycling-Produkten verarbeitet. UPZENT verfügt derzeit über ca. 20 marktreife Produkte. Es wurden mehr als 2.500 Produkte aus verschiedenen gewerblichen Reststoffen wie Holz, Kartonage oder Textilien von den sozialen Partnerwerkstätten hergestellt. Etwa 100 unterschiedliche Reststoffe konnten im Rahmen dieser Kooperationen akquiriert und innerhalb einer Bibliothek inventarisiert werden. Prozesse, Anleitungen und Verfahren wurden standardisiert.

Ein Geschäfts- und Organisationsmodells für den UPZENT-Ansatz wurde mit der Berücksichtigung sozialer, ökonomischer und ökologischer Aspekte entwickelt. Dieses Modell ermöglicht innovative Ansätze, die bis dahin nicht berücksichtigt wurden. Insbesondere wurde detailliert zum Stand der Entwicklung im Bereich kreislauffähiger Geschäftsmodelle recherchiert, eine Methodologie zur Entwicklung des Kreislaufwirtschaftsmodells definiert und die Organisationsmodelle bestehender Upcycling-Betriebe analysiert. Grundlage dieser Entwicklungen war zunächst der vertraute Business Model Canvas. Aufbauend auf diesem Modell wurden der Social Business Model Canvas integriert und im späteren Verlauf auch der Circular Model Canvas sowie der European Social Economy Canvas integriert. So entstand ein neuer, auf das Geschäftsmodell von UPZENT angepasster Business Model Canvas, welcher auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt.

Eine Erprobung des Geschäftsmodells unter realen Marktbedingungen konnte noch nicht durchgeführt werden. Allerdings kann dieses durch eine umfangreiche Prozessstandardisierung und tiefergehende Verfahrensbeschreibungen effizient auf andere Standorte übertragen werden. Zusätzlich kann eine Internationalisierung des Ansatzes angestrebt werden. Erste Kontakte konnten im Rahmen der durchgeführten Internationalen Upcycling-Network Conference (IUNC) geknüpft werden.

Handlungsempfehlungen

Im Laufe der Projektarbeit konnten mehrere Handlungsempfehlungen identifiziert werden. Zum einen sollten in Gemeinden, aber auch auf Landes- und Bundesebene vermehrt Projekte und Initiativen zur Kreislaufwirtschaft angeboten sowie stärker gefördert werden. Dies beinhaltet auch eine weitreichende Sensibilisierung der Bevölkerung zu den Themen „Nachhaltigkeit“ und „Kreislaufwirtschaft“, welche bereits in Schulen fest eingebunden werden sollte. Darüber hinaus könnte eine höhere Besteuerung linearer Produktsysteme dazu beitragen, kreislauffähige Produktsysteme in eine wirtschaftlichere Position zu rücken. Eine Änderung des KrWG dahingehend, dass Abfälle sowie Beiprodukte, welche in der Produktion anfallen, einfacher in einer diese weiterverwertenden (Upcycling-)Produktion eingesetzt werden können, ist unumgänglich. Nur so kann eine funktionierende und ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft etabliert werden.

Konsortium UPZENT wurde im Verbund unter der Leitung der Hochschule Trier (Umwelt-Campus Birkenfeld), Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) in Zusammenarbeit mit folgenden Partnern durchgeführt:

Laufzeit September 2019 – August 2022
Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)“ gefördert (Förderkennzeichen: 033R239A). „ReziProK“ ist Teil des BMBF- Forschungskonzeptes „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ und unterstützt Projekte, die Geschäftsmodelle, Designkonzepte oder digitale Technologien für geschlossene Produktkreisläufe entwickeln.
Fördersumme 961.388 €, Anteil der Hochschule Trier: 604.333,20 €

Poster:

Information und Kontakt:

Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS)
Hochschule Trier, Standort Umwelt-Campus Birkenfeld
Postfach 1380
D-55761 Birkenfeld

Projektleitung:

Dipl.-Ing. Jackeline Martínez Gómez, M Sc.
Tel.: +49 6782 17-2624
Email: j.martinez(at)umwelt-campus.de

Dipl.-Betriebswirt (FH) Tobias Gruben
Tel.: +49 6782 17-2630
Email: t.gruben(at)umwelt-campus.de

Gefördert vom:

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